balkan black box

Meine Freunde spielen jetzt Serbenmusik

Regie: Martin Ostermeier; 40 Min., D/SCG/CH 2006 (DF)
Wettbewerb: Panorama Dokumentarfilm

babylon berlin:mitte, Fr, 17.11.2006 um 20:00 Uhr
Brotfabrik Kino, So, 19.11.2006 um 18:00 Uhr

2002 kommen sieben niederbayerische Blechbläser auf die Idee, serbische Volksmusik zu spielen. Vier Monate nach Gründung der Band „Kein Vorspiel” fahren sie zum größten Blechbläserfestival der Welt in Guèa – um dort vorzuspielen…

Dieser Film läuft im Doppelprogramm mit Serbian Symphony, der im Anschluß an diesen Film gezeigt wird (abweichend vom Flyer).

„Meine Freunde…“ ist ein kleiner Film. Der auf Mini-Digitalvideo gedrehte Erstling des Schauspielers Martin Ostermeier besticht sicher nicht durch seine technische oder handwerkliche Perfektion, versucht dies auch gar nicht. Aber was uns im Kino letztlich doch ausschließlich wirklich zu fesseln vermag, bringt diese Dokumentation auf alle Fälle mit: eine außergewöhnliche, verrückte Geschichte!


2002 beschließen sieben niederbayerische Musiker – sechs Blechbläser und ein Schlagzeuger – auf das größte Blaechbläserfestival der Welt zu fahren. Da dieses im serbischen Guèa stattfindet und man dort eigenlich nur serbische Musik spielt, ist es klar, dass auch die Landshuter sich ein paar Nummern aus dem riesigen Repertoire der Balkanvolksmusik draufschaffen müssen. Dabei macht man das eine, um das andere zu tun und umgekehrt: weil man in Guèa spielen will, wird serbische Volksmusik einstudiert, und weil man die Balkanmusik spielen lernt, kann man auch gleich nach Guèa fahren.



Ganze vier Monate nach ihrer Gründung steht die Band auf dem Dragaèevski Sabor Trubaèa, besagtem größten Blechbläserfestival der Welt, inmitten der Stars der Szene wie Boban Markoviæ, Milan Mladenoviæ, Slobodan Salijeviæ oder Ekrem Sajdiæ. Doch die Landshuter Exoten werden von den Festivalbesuchern genauso gefeiert, wie die zahlreichen einheimischen Orchester; vielleicht manchmal sogar ein wenig mehr als diese, weil sie durch das Spielen der ihnen ursprünglich fremden Musik ja auch eine Wertschätzung für die fremde Kultur ausdrücken – eine Wertschätzung, welche die Leute besonders von diesem Teil des Balkans seit langer Zeit eher selten erfahren.



Der Film dokumentiert die äußere und die innere Reise zum Festival in Guèa. Gezeigt wird diese „doppelte Reise“ sowohl in Interviews als auch in Sequenzen von der Fahrt und vom Festival. Wir erfahren, auf welch frische und unverkrampfte Art sich die Niederbayern die für sie neue Musik aneignen: die Titel werden von CDs runtergehört und nach bayerischen Brotzeiten der Speisekarte eines lokalen Wirtshauses benannt; schließlich ist man des Serbischen nicht mächtig und kann es noch nicht mal richtig lesen. Und wir erleben mit, mit welch großer Naivität und Unbefangenheit sich die Sieben auf ihrer Reise bewegen. Sie ziehen ihre Instrumente oft schneller hervor als so mancher Westernheld seine Knarre, egal ob sie sich in einer Belgrader Autowerkstatt oder in einem Strandcafé im montenegrinischen Kotor befinden. Die Reaktionen der Zuhörer auf die Spontankonzerte und -proben reichen dabei von Unverständnis über Gleichgültigkeit bis hin zu ausgelassener Begeisterung. Wie will man auch im Vorhinein abschätzen können, wo man willkommen ist und wo nicht, wenn man sich auf so fremdes Terrain begibt?



„Meine Freunde spielen jetzt Serben-Musik“ ist ein Bandporträt und ein Roadmovie in einem. Der Schauspieler Martin Ostermeier hat die zum Teil schon sehr lang mit ihm befreundeten Musiker fast überallhin begleitet, wohin diese sich vorgewagt haben. Im besten Stile eines cinéma copain war er mit seiner Kamera nicht nur meistens mitten drin im Geschehen, sondern oft auch Teil des Geschehens. Dabei reißt uns immer wieder die frische Musik der Balkanbläser aus Niederbayern mit. So spontan diese ihre Idee in die Tat umgesetzt haben, so flink gehen ihre kolos und pesmas den Zuhörern zu Herzen und in die Beine.